HNA: Die Dörfer bluten aus

Analyse: Im Uslarer Land gibt es auch gute Beispiele für die Nutzung von alten Häusern

Von Jürgen Dumnitz

Uslar. Wer zwischen Weser und Solling lebt, hat die Veränderungen in den vergangenen Jahren hautnah erfahren. Junge Menschen drehen ihrer idyllischen Heimat für die Ausbildung den Rücken zu. Sie kommen wegen fehlender Arbeit aber meist nicht zurück. Die Folge: In den Wohnungen und Häusern lebt die Eltern- und Großelterngeneration. Später stehen die Immobilien leer, weil sie nicht mehr gebraucht werden. Die Dörfer bluten aus.

Früher lebten Familien meist in Häusern mit Stall, Scheunen und Schuppen für die Landwirtschaft im Nebenerwerb. Arbeit hatten die meisten Menschen in großen Firmen wie Ilse und der Hütte, wenn sie nicht von der Landwirtschaft lebten. Da gab es Arbeiter, Hilfskräfte, Angestellte und auch Posten in der Chefetage. Diese Arbeitsplätze für bis zu 3500 Menschen in Spitzenzeiten gibt es längst nicht mehr. Wer heute in der Region lebt und hier eine Arbeit hat, kann sich glücklich schätzen.

Die Immobilie im Solling ist nur im Kopf der weit weg lebenden Erbengeneration eine Goldgrube. Die tatsächlichen Preise liegen am Boden, die Nachfrage ist gering. Nein, ein schöner Anblick sind die Dorfkerne an vielen Stellen nicht mehr. Käufer für Resthöfe bleiben aus. Manchmal kommen Holländer, wie jüngst in Ahlbershausen. Das ist allerdings (noch) die Ausnahme.

In der Regel bleiben leerstehende Häuser in der Uslarer Innenstadt, im Gemeindegebiet von Bodenfelde und den kleinen Orten sich selbst überlassen, wenn die letzte Generation verstorben ist. Wenn sich niemand kümmert, bleibt der Abriss. Der wird aber wegen der hohen Kosten nur im Notfall praktiziert. Die Hoffnung hinter den Schildern „Zu Verkaufen“ stirbt bekanntlich zuletzt.

Positive Beispiele

Vorbei sein sollte die Zeit, in der Ortsräte wie jüngst in Volpriehausen noch immer auf die Erschließung von Neubaugebieten am Ortsrand setzen. Mancherorts wurden bereits Chancen ergriffen. Aus alten Häusern im Ortskern entstand nicht nur ein neues Zuhause für Generationen. Junge Familien genießen die Vorzüge des Lebens mit viel Platz und ländlichem Idyll.

Voraussetzung für die Investition in die Zukunft ist natürlich, dass die Bewohner auch eine Lebensperspektive in der Region haben. Denn lebenswert ist es im Uslarer Land allemal. Auf die Eigeninitiative sollte weiterhin gesetzt werden. Da liegt ein Potenzial, das dem Ausbluten zumindest ein Stück weit entgegenwirken kann.

Und Arbeitsplätze sind wichtig, damit Menschen, die hier leben, ihren Verdientes auch hier ausgeben können. Daran sollten Verwaltung, Geschäftsleute, Handwerker, Politiker und Dienstleister ein Interesse haben.